In vitro Untersuchungen zur Anfälligkeit verschiedener Rebsorten gegenüber Botrytis-Infektionen
Insbesondere Sorten mit kompakter Traubenstruktur gelten als anfällig für Botrytis-Traubenfäule, da Abquetschungen große Eintrittspforten für den Pilz liefern können. Darüber hinaus spielen jedoch auch Eigenschaften der Beerenhaut eine entscheidende Rolle für die Anfälligkeit gegenüber dem Schimmelpilz. Um auch Neue Sorten (PIWIs) hinsichtlich ihrer Botrytis-Anfälligkeit in Abhängigkeit von der Beerenhautstruktur besser zu beschreiben, werden in dem Projekt in vitro Untersuchungen durchgeführt. In den Laborversuchen wird die Widerstandsfähigkeit verschiedener Rebsorten (PIWIs und traditionelle Rebsorten) gegenüber Botrytis unabhängig von der Kompaktheit der Trauben im Reifeverlauf erfasst. In ersten Versuchen am Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinpfalz (DLR RP) zeigen sich deutliche Unterschiede in der Anfälligkeit zwischen den Sorten, welche weitestgehend unabhängig von den Oechsle-Graden zu beobachten waren. So erweisen sich beispielsweise die PIWIs Sauvignac und Souvignier Gris trotz ihrer höheren Zuckergehalte als widerstandsfähiger gegen Botrytis im Vergleich zu getesteten traditionellen Sorten wie Chardonnay oder Riesling.
Veranschaulichung des sortenabhängigen Botrytis-Befalls in vitro. Die Beimpfung (Inokulation) erfolgte am 10.09.2024 mit einem Tropfen (10 μL) Botrytis cinerea-Sporensuspension (20.000 Sporen/mL) auf die intakte Beerenhaut. Die Inkubationszeit der Beeren betrug 14 Tage in feuchten Kammern bei 21°C. (Fotos: DLR RP)
Prototyp zur Simulation von Hitzestress validiert
Am INRAE-Zentrum in Colmar wurde ein Prototyp zur Simulation von Hitzewellen entwickelt und dessen Funktionsfähigkeit überprüft. Der nächste Schritt wird der Bau eines größeren Geräts sein, um im Jahr 2025 Experimente mit einer Kombination aus Hitzestress und Pathogeninfektionen an resistenten Sorten durchzuführen.
Abb.: Fähigkeit des Prototyps zur Induktion von Hitzestress an Cabernet-Sauvignon-Stecklingen. Links: visueller Aspekt der Kontroll- und der hitzegestressten Pflanzen nach einer 48-stündigen Behandlung mit einer Differenz von +10° C zwischen Kontrolle und Behandlung. Rechts: Wärmebilder von Kontrollpflanzen (oben) und behandelten Pflanzen (unten), aufgenommen am frühen Nachmittag. (Fotos: Łukasz Tarkowski, INRAE)
Eiszeit für die Beerenhaut
In den vergangenen Jahren wurde bereits gezeigt, dass die Textur der Beeren und die Wachse auf der Beerenoberfläche einen erheblichen Einfluss auf die Anfälligkeit einer Rebsorte gegenüber Grauschimmelfäule, verursacht durch Botrytis cinerea, hat. Im Projekt WiVitis wurden diese wertvollen Erkenntnisse nun erweitert, indem die Wachse der Beerenhautoberfläche ausgewählter Rebsorten mit einem Kryo- Rasterelektronenmikroskop (Kryo-REM) mit bis zu 8.000-fach Vergrößerung von den Partnern des Nano Imaging Lab untersucht wurden. Diese Vergrößerung ermöglicht es, die winzigen Strukturen der Wachsoberfläche im Nanometerbereich für das menschliche Auge sichtbar zu machen.
Im REM selbst herrscht ein Hochvakuum bei Raumtemperatur. Das Wasser in der Probe, in unserem Fall die Beerenhaut, würde durch das Vakuum so schnell verdampfen, dass die Beerenhaut sofort kollabiert. Daher werden biologische Proben, wie unser präpariertes Stück der Beerenhaut, vorher in flüssigem Stickstoff schockgefrostet. In diesem Eisbad, welches frostige -210°C kalt ist, bilden sich keine Eiskristalle, die Zellen der Probe bleiben unversehrt und behalten ihre originale Struktur. Eine wahre Eiszeit für die Beerenhaut. In der Kryo-Einheit werden die gefrorenen Proben mit Goldpartikeln beladen. Da diese elektrisch leitfähig sind, werden durch die anschließende Bestrahlung mit stark beschleunigten Elektronen Signale von der Probe abgeleitet und als Bild zusammengesetzt.
Das Resultat sind beeindruckende, hochaufgelöste Nahaufnahmen von Beerenhautoberflächen, welche den Wissenschaftlern wichtige Einblicke in die Vielfalt der Wachsstrukturen verschiedener Rebsorten liefern. Nun wird erforscht, welchen Einfluss diese Strukturunterschiede auf die Resistenz für Trauben-Botrytis haben und welche Eigenschaften die untersuchten Sorten an verschiedenen Standorten im Oberrheingebiet zeigen. Soviel sei schon jetzt verraten: Manch eine Wachsstruktur lässt sich mit Elchgeweihen beschreiben oder erinnert in der Anordnung ihrer Wachsplättchen an einen Mosh Pit aus Vogelperspektive. Aber sehen Sie selbst.
Abb. 1: Mit Skalpell und Pinzette werden behutsam 3-5 mm große Stücke aus der Beerenhaut ausgeschnitten (oben links) und auf der Probenplatte platziert (unten links). Währenddessen wird die Probenkammer des Kryo-REM heruntergekühlt (Mitte) und die gefrorenen Beerenhautstücke auf der Probenplatte anschließend in der Kryo-Einheit platziert (rechts). Vor dem Beladen mit Goldpartikeln sehen diese aus wie kleine Pizzabrötchen. (Fotos: Katja Herzog, JKI)
Abb. 2: Kryo-REM Aufnahmen verschiedener Rebsorten: 4.000-fache Vergrößerung der Wachsauflage des neuen JKI-Zuchtstammes GF.2010-011-0048 (links) sowie 8.000-fache Vergrößerung der Wachsauflage von Regent (Mitte) und Calardis Blanc (rechts). (Fotos: Evi Bieler, NI-Lab)
Zusammenhang zwischen Beerenstabilität und Anfälligkeit gegenüber Grauschimmelfäule entdeckt
Im Rahmen des Projekts werden derzeit am Staatlichen Weinbauinstitut Freiburg Infektionsassays mit verschiedenen Krankheitserregern an unterschiedlichen Rebsorten durchgeführt. Schwerpunkt dieser Untersuchung ist die Evaluierung der Anfälligkeit der Trauben gegenüber dem Echten Mehltau (Erysiphe necator) sowie der Grauschimmelfäule (Botrytis cinerea). Hierzu werden die Beeren von PIWI-Sorten und klassischen Kulturreben zu definierten Entwicklungsstadien künstlich mit Sporen der Erreger infiziert. Die Auswertung der Versuche finden zu unterschiedlichen Tagen nach der Inokulation (engl.: days post inoculation = dpi) statt. Erste Ergebnisse lassen darauf schließen, dass ein Zusammenhang zwischen Beerenstabilität und Anfälligkeit gegenüber der Grauschimmelfäule besteht. Die Auswertung zur Anfälligkeit der verschiedenen Sorten gegenüber dem Echten Mehltau stehen noch aus.
Schadbildverlauf von Grauschimmelfäule an Spätburgunder und Sauvignac (PIWI) nach künstlicher Infektion mit Botrytis cinerea (Foto: WBI)
Präsentation des WiVitis-Projekts auf den 16. wissenschaftlichen Tagen des Réseau Francophone de Fluxomique et de Métabolomique
Im Rahmen der 16. wissenschaftlichen Tage des "Réseau Francophone de Fluxomique et de Métabolomique" (RFMF, 4.-6. Juni 2024, Saint-Malo, Frankreich) präsentierte Olivia Ledieu (INRAE Colmar) ein Poster über ihre Arbeit im Rahmen des Wivitis-Projekts zur Untersuchung der kutikulären Lipide von Weintrauben mittels hochauflösender Massenspektrometrie. Die Diskussionen mit den Teilnehmern führten zu neuen Wegen für die Identifizierung der in der Traubenkutikula vorhandenen Verbindungen.
Foto: INRAE
Gestarted: Prototyp zur Simulation für Hitzestress bei Weinreben
Das INRAE-Zentrum in Colmar (Elsass) befasst sich u.a. mit der Entwicklung eines Geräts, das in der Lage ist, einen thermischen Stress bei Weinreben zu erzeugen. Die Grundidee besteht darin, ein extremes Klimaereignis (eine Hitzewelle) mit einer Genauigkeit zu simulieren, die in agronomischen Studien noch nie erreicht wurde. Durch die Simulation einer Hitzewelle wollen die Forscher die möglichen Auswirkungen der Hitze auf die Widerstandsfähigkeit der PIWI-Sorten gegenüber Krankheitserregern untersuchen.
Forscher der beiden Einheiten SVQV (Santé de la Vigne et Qualité du Vin: Gesundheit der Weinrebe und Weinqualität) und UEAV (Unité Expérimentale Agronomique et Viticole: agronomische und weinbauliche Versuchseinheit) entwickeln unter der Leitung von Łukasz Tarkowski einen Prototyp für ein Heizgerät, das auf der Verwendung von Infrarotstrahlern basiert.
Um Konstruktionsfehler zu vermeiden ist der Bau und die Einrichtung des Prototyps ein wichtiger Schritt, um zu verstehen, welche Parameter für das endgültige Gerät verwendet werden sollten. Derzeit ist der Prototyp fast fertig und die Verbindungstests laufen. Sobald die Konnektivität validiert ist, werden dem Prototyp Infrarotstrahler hinzugefügt, um die ersten Hitzestresssimulationen durchzuführen.
Bleibt gespannt!
Gezeigt sind Blatttemperatursonden, die im Prototyp des thermischen Stressgeräts verwendet und an den Blättern der Weinrebe angebracht wurden. Die Sonden sind mit zwei Temperatursensoren ausgestattet, die senkrecht zueinander stehen, um eine gleichzeitige Messung der Luft- und der Blatttemperatur zu ermöglichen. | Foto: INRAE
Quelle: Łukasz Tarkowski, INRAE. Auf dem Webinar ENVIE-MULTISTRESS am 24. Mai 2024 ging es um die
Frage: Wie wird sich der Klimawandel auf krankheitsresistente Rebsorten auswirken?
Intensiver Austausch des INTERREG VI-Projektverbundes WiVitis am 10. April 2024
Das jährliche WiVitis Projekttreffen fand in diesem Jahr am Julius Kühn-Institut (JKI) in Siebeldingen statt und erfreute sich der Teilnahme (fast) aller Projektpartner aus Deutschland, Frankreich und der Schweiz. Da der WiVitis-Verbund erst seit wenigen Monaten vollständig besetzt ist, lernten sich nun alle beteiligten Partner persönlich kennen und stellten ihre Methodiken sowie erste Ergebnisse vor. Für die Saison 2024 wurden Strategien für die Datenerhebung vertieft, Versuchsaufbauten diskutiert und Protokolle abgestimmt. Dies ist von besonderer Bedeutung, da an den verschiedenen Forschungsstandorten am Oberrhein vergleichbare Datensätze erhoben und für eine standortübergreifende Sortencharakterisierung genutzt werden. Zu den PIWI-Rebsorten, die im Projekt umfassend untersucht werden, zählen u.a. Souvignier Gris, Calardis Blanc, Cabernet Blanc und Floreal.
Den Beginn des Treffens leitete die Projektkoordinatorin Dr. Katja Herzog mit einem kurzen administrativen Bericht ein und veranschaulichte die am Institut für Rebenzüchtung Geilweilerhof (JKI) etablierten Methoden zur Hochdurchsatzerfassung objektiver Datensätze zu Merkmalen von Trauben und Beeren. Diese werden die Wissenschaftlerinnen des JKI-Instituts auch in WiVitis einsetzen, um Sorten anhand ihrer Traubenarchitektur sowie der Beerenhautoberfläche zu charakterisieren. Diese beschreibenden Merkmalsdaten (=Phänotypisierungsdaten) bilden die Grundlage zur Abschätzung der Botrytis-Festigkeit von Rebsorten sowie zur Entwicklung molekularer Marker, welche in der Rebenzüchtung für eine frühzeitige Selektion widerstandsfähiger Sämlinge eingesetzt werden. Das Staatliche Weinbauinstitut Freiburg (WBI) zeigte eindrucksvoll die im Projekt VITIFIT weiterentwickelten Befallsprognosen zur Rebenperonospora für PIWI-Rebsorten, welche bald auch der gesamten Weinbaupraxis im Online-Prognosetool VitiMeteo zur Verfügung stehen. In WiVitis sollen diese Befallsprognosen für PIWI-Rebsorten nun auch für den Echten Mehltau entwickelt und entsprechende Versuche realisiert werden. Mikroskopische Untersuchungen begleiten diese Versuche und ermöglichen so Einblicke in den Infektionsverlauf, mit dem Ziel Handlungsempfehlungen abzuleiten. Infektionstests zum Echten Mehltau sowie Botrytis und deren Auswirkungen auf ausgewählte PIWI- und traditionelle Rebsorten führt auch das Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Rheinpfalz in WiVitis durch. Spannend bleibt weiterhin die Frage, wie sich Botrytis-Stämme, die als unterschiedlich aggressiv charakterisiert wurden, auf den Infektionsverlauf Botrytis-fester PIWIs auswirken.
René Fuchs (WBI), Annika Ziehl (JKI), Katja Herzog (JKI), Alessandra Maia-Grondard (INRAE), Reinhard Töpfer (JKI), Elke Herrmann (DLR), Noemi Flubacher (WBI), Olivia Ledieu (INRAE), Ruth Walter (DLR), Evi Bieler (NILab), Lukasz Tarkowski (INRAE), Raymonde Baltenweck (INRAE), Marcus Wyss (NILab), Bea Steinemann (FiBL), Philippe Hugueney (INRAE). Fehlend: Hans-Jakob Schärer (FiBL) | Foto: Julia Fuchs, JKI
INRAE Grand Est Colmar teilte den aktuellen Stand zu den analytischen Untersuchungen der Lipidzusammensetzung auf der Beerenhautoberfläche (=Wachsauflage) von vier PIWIs und zwei traditionellen Sorten mit. Die hierfür eingesetzte Methode wurde in WiVitis für Beeren angepasst und neu etabliert. Erste Ergebnisse zeigten sortenspezifische Unterschiede in den nachgewiesenen Lipidzusammensetzungen, wobei diese Ergebnisse in 2024 durch Proben verschiedener Standorte weiter gefestigt werden sollen. Ebenso wird bei den Partnern in Colmar eine Versuchsanlage aufgebaut, um Topfreben mit Hitzestress zu behandeln und die Auswirkungen massiv steigender Temperaturen, wie sie in Hitzewellen vorkommen, auf den Befall mit dem Echten und Falschen Mehltau zu untersuchen.
Die Schweizer Partner des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL) zielen auf eine Datenerhebung in ökologisch bewirtschafteten Weinbergen und berichteten über Probenahmen für Untersuchungen zur Lipidzusammensetzung auf der Beerenhautoberfläche und Entwicklungs- und Befallsbonituren der im Projekt ausgewählten Rebsorten. Den wissenschaftlichen Teil des Treffens rundete der Bericht des Basler Nano Imaging Lab (NI-Lab) ab. Die Anwendung der Rasterelektronenmikroskopie (Cryo-REM) ist hierbei das optimale Verfahren, um die Oberflächenbeschaffenheit von Beeren und Strukturunterschiede der aufliegenden Wachse zu charakterisieren. Auf diese Weise sollen Proben der ausgewählten Rebsorten in verschiedenen Weinbergen in der Programmregion Oberrhein gesammelt und analysiert werden.